Egal ob Indianer oder Eskimo – Hauptsache Umpire

Im Jahr 1966 kam es zu einem absoluten Novum im Profisport. Über Jahrzehnte hatten Weiße als Schiedsrichter den Spielverlauf bestimmt – selbst in den segregierten Negro-Leagues. Emmett Ashford war der erste farbige Schiri im Profibaseball – und hinterließ bleibende Eindrücke.

“Baseball ist der einzige Anlass, bei dem ein Farbiger mit einem Schläger in Richtung eines Weißen schwingen darf, ohne gleich dafür gelyncht zu werden”, so beschrieb der Schauspieler Gene Hackmann als Kommissar Anderson in dem Filmdrama Mississippi Burning seine Leidenschaft für den Sport. Seine Mission: Im rassistischen Milieu der Südstaaten des Jahres 1964 den Mord an drei Bürgerrechtsaktivisten aufklären.

Seit im Jahr 1946 Jackie Robinson als erster PoC die Rassenschranken im Profisport durchbrach, hatten sich alle Teams der MLB nach und nach geöffnet. Dieselbe Offenheit war natürlich längst nicht von allen Fans, Zuschauer(inne)n und Mitspielern zu erwarten. Und so etablierten sich Farbige auf dem Platz zwar als ebenbürtige Sportler, sahen sich in der Gesellschaft aber mit ganz praktischen Problemen von Alltagsrassismus konfrontiert: Wo schlafen, essen, umziehen, wenn bei Auswärtsspielen keines der verfügbaren Hotels und Restaurants People of Color akzeptierte?

Diese Probleme waren noch lange nicht gelöst, da sahen sich die Profiligen mit der nächsten Herausforderung konfrontiert: Dem ersten farbigen Umpire (Baseballschiedsrichter) – Emmett Ashford. Plötzlich war da auch noch ein Offizieller, der all den privilegierten Weißen auf dem Platz den Marsch blasen durfte.


Und das tat er auch….Mit solch einer Wonne, dass er mit seinem flamboyanten Stil in die Geschichte einging und neue Maßstäbe für den Beruf des Schiedsrichters setzte. Mit schriller Stimme hielt er wie mit einem Megafon alle im Stadion über den Spielverlauf auf dem Laufenden. Ashfords Tochter Adrienne Cherie betitelte später die Memoiren über ihren Vater ganz trefflich imitierend Strrr-ike!!”

Auf dem Platz sprintete Ashford zu seinen Positionen und legte dabei akrobatische Sprünge über die Bases oder den Pitcher’s Mound – den Wurfhügel ein. Bei einem Strike schleuderte er seinen rechten Arm herum und vollzog eine Art Karatekick, bevor er dann mehrfach an einer imaginären Zugglocke zog. Niemand wischte so thetralisch wie er den Staub von der Homeplate – so dass Ashford wohl auch für Leslie Nielsens Slapstickeinlagen in “Die Nackte Kanone” Pate stand. Zum ersten Mal kamen Menschen ins Stadion, um nicht mehr nur die Spieler, sondern auch einen Umpire zu sehen.

Doch wehrte sich Ashford dagegen, immerzu nur als erster “schwarzer Umpire” gelobt zu werden. Als Schiedsrichter sah er seine alleinige Verantwortung gegenüber den Spielern, einen fairen Wettbewerb zu garantieren: “Es spielt keine Rolle, ob du weiß, schwarz, Eskimo oder Indianer bist. Ich war Umpire, kein schwarzer Umpire. – He doesn’t care if you’re white or black, Eskimo or Indian. […] I was an umpire, not a black umpire.

Erster Einsatz trotz Stadionverbots

Dabei musste sich Emmet Ashford (lebte 1914-1980) von Anfang an auf mehreren Ebenen durchsetzen. Zu seinem ersten Spiel im Jahr 1966, dem Season Opener in Washington, wurde ihm erst der Zutritt ins Stadion verwehrt. Da der US-Vizepräsident Hubert Humphrey den zeremoniellen Ersten Pitch werfen sollte, waren die Sicherheitsvorkehrungen extrem verschärft. Am Einlass fragte das Wachpersonal Emmett, der mit seiner Frau angereist war, was er wolle:

“Ich bin einer der Umpire.”

“Wen willst du hier veräppeln?”

“Nein, ich bin wirklich einer der Umpire.”

“Es gibt keine schwarzen Umpire in den Profiligen.”

“Es wird aber einen geben, wenn Sie mich endlich ins Stadion lassen.”

Seine humorvolle Art und sein dickes Fell hatten Ashford überhaupt erst so weit gebracht. Seit seiner Schulzeit war er in fast allen Bereichen einer der ersten Farbigen: Als Schulsprecher, Kassierer, Postmann – und schließlich als Umpire. Als er mit 52 Jahren in die American League berufen wurde, kommentierte er das wie folgt:

“Jetzt muss ich mir erstmal eine Brille kaufen. – But first, I’ve got to buy me a pair of eye glasses.”


Weitere Quellen:
Alex Coffey: Emmett Ashford Blazed Trail for Umpire Diversity.
Mark Armour: Emmett Ashford.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*